Wenn wir über unsere Vorfahren denken, sind wir immer der Hoffnung, dass sie vernünftige, ehrliche und gute Leute waren. Es sei, man findet ein Dokument, dass es in Frage stellt 🙂
Im XIX Jh. war die Bevölkerung ziemlich einfach. Viele Leute konnten nicht schreiben, man verwendete sie Sprache, die zu Hause gesprochen wurde und örtliche Streitereien waren sehr ernst genommen. Die Auseinandersetzungen waren oft Kleinigkeiten, die für ein örtliches Amtsgericht nicht geeignet waren, brauchten aber trotzdem eine Lösung. Für die Leute, die nur wenige Jahre eine deutsche Schule besucht haben (ob überhaupt) war es auch schwierig, sich vor dem Gericht deutsch auszudrücken. So entstanden örtliche Schiedsgerichte.
Das Staatsarchiv in Oppeln hat ein sehr interessantes Buch veröffentlicht (leider nur auf Polnisch) „Przeczytano, przyjęto, podpisano“ („Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben“), das die Berichte der Schiedsgerichte im Kreis Groß Strehlitz (mit Ujest und Leschnitz) beinhaltet, die zwischen 1842-1904 befasst wurden. Das interessante für den Ahnenforscher – die Namen der beteiligten Personen sind dabei! Die Berichte werden genau so dargestellt, wie sie geschrieben wurden, also in dem polnisch-schlesischem Dialekt. Dabei wusste keiner, wie man es richtig schreibt 😉
Schiedsgerichte und Schiedsrichter
Die ersten Schiedsgerichte wurden schon 1827 in Pommern berufen, fünf Jahre später wurden sie in Schlesien eingeführt. Die Liste der Schiedsrichter in 33 Schiedskreisen wurden im Kreis Groß Strehlitz am 30.10.1835 veröffentlicht.
Die Schiedsrichter waren oft Lehrer (die sowohl polnisch, als auch deutsch sprechen konnten), aber auch Apotheker, Beamten oder Forstamtsleiter. In den Städten wurden sie von den Bewohnern ausgewählt, auf dem Lande – von den Gutsbesitzer. Ein Schlichter musste wenigstens 24 Jahre alt sein, sich eines guten Rufes erfreuen und musste die Vermittlungen schriftlich erfassen können. Die Amtszeit dauerte 3 Jahre.
Die Tätigkeit der Schiedsgerichte dauerte eigentlich bis zu dem Jahr 1945.
Sprache der Berichte
Die Verhandlungen wurden in der Sprache der Originalniederschrift veröffentlicht. Die Berichte wurden ENTWEDER auf Polnisch ODER auf deutsch erfasst. Am Anfang überwiegend polnisch, dann mit der Zeit (als immer mehr Kinder die deutschsprachige Schulen besucht haben) meistens deutsch. In diesem Buch befinden sich nur die polnischen Texte, es wurde nichts übersetzt. Die deutsche Berichte warten noch auf Entdeckung Dazu müsste man aber selbst das Archiv besuchen, es gibt gut 59 dicke Hefte zur Bearbeitung!
Die polnische Texte sind sehr von den Sprachfähigkeiten des Schiedsrichter abhängig. Die Aufzeichnungen zeigen auch örtliche Dialekte und beweisen, dass die polnische Sprache stark verbreitet war.
Einige Personen kommen in den Berichten mehrmals vor. Man kann dabei schön die Änderungen der Schreibweise der Namen verfolgen.
Zusätzliche Karten
Das Buch ist als pdf kostenlos erhältlich (http://opole.ap.gov.pl/foto/pdf/Przeczytano-przyjeto-podpisano.pdf), wenn man aber ein gedrucktes Buch kauft, bekommt man zusätzlich eine CD mit Karten aus dieser Gegend (hier der Inhalt: http://www.opole.ap.gov.pl/przeczytano-aneks.htm). Der Preis ist auf der Homepage leider nicht zu finden. Wenn Du daran interessiert bist, unten findest Du Texte, die Du in einer E-Mail an das Archiv verwenden kannst.
- Proszę o informację ile kosztuje publikacja „Przeczytano, przyjeto, podpisano“ wraz z CD – Bitte um Information wie viel kostet die Publikation „Przeczytano, przyjeto, podpisano“ zusammen mit der CD.
- Chciałbym (m) / Chciałabym (f) zamówić jeden egzemplarz – ich möchte ein Exemplar bestellen.
- Proszę o wysyłkę na poniższy adres – bitte unter folgende Adresse schicken
- Z góry dziękuję – vielen Dank im Voraus
Die Berichte in den Archiven finden
Das Buch ist zwar von dem Staatsarchiv in Oppeln veröffentlicht, aber die Berichte der Schiedsgerichte gibt es auch in anderen Archiven. Suche einfach bei www.szukajwarchiwach.pl nach dem Begriff „Schiedsgericht“, momentan gibt es 182 Treffer aus unterschiedlichen Gebieten. Die Berichte sind leider nicht eingescannt und sind sehr umfangreich. Um sie durchzusuchen musst Du schon das Archiv selbst besuchen. In meinem E-Buch habe ich beschrieben, wie Du dich auf den Besuch vorbereiten kannst und was dich in dem Archiv erwartet.